INTERNATIONALEN
LUDOVIC-TRARIEUX-MENSCHENRECHTSPREIS 2012
Premio Internacional de Derechos Humanos Ludovic Trarieux 2012
Internationalen
Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreis 2012
Prêmio Internacional de Direitos Humanos Ludovic Trarieux 2012
Premio Internazionale per i Diritti Umani Ludovic Trarieux 2012
Premiul internaţional
privind drepturilor omului Ludovic-Trarieux 2012
Depuis/Since/Desde/Dal/Seit 1984
Die Hommage von Anwälten zu einem Anwalt
Lhommage des avocats à un avocat
The
award given by lawyers to a lawyer
El homenaje de abogados a un abogado
L'omaggio
degli avvocati ad un avvocato
Verleihung
des XVII.
Internationalen Ludovic-Trarieux
Menschenrechtspreises
Der Internationalen
Ludovic-Trarieux
Menschenrechtspreis
2012
übergeben von
Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Bundesministerin
der Justiz
an
Muharrem ERBEY
(Turkei)
Am 30 November, in Berlin,
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat mit dem
Ludovic-Trarieux-Preis einen der wichtigsten Menschenrechtspreise für Anwälte
an den in der Türkei inhaftierten Muharrem Erbey verliehen. Er sitzt seit drei
Jahren in Untersuchungshaft, erst im September wurde gegen ihn das Verfahren
eröffnet.
Rede der
Bundesministerin
der Justiz
Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, MdB
zur
Verleihung des Internationalen Ludovic-Trarieux-Preises
am
30. November 2012
in
Berlin
Sehr geehrte Frau Erbey[i],
sehr geehrte Frau Präsidentin
Nöhre[ii],
sehr geehrter Herr Präsident Favreau[iii],
sehr geehrter Herr Präsident Dr. Mollnau[iv],
lieber Herr Löning,
sehr geehrter Herr Häusler,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es gilt das gesprochene Wort!
In genau 10 Tagen jährt sich die
Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung
der Vereinten Nationen zum 64. Mal. Jedes Jahr gedenken wir am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, diesem historischen Ereignis.
Die Anerkennung der Menschenrechte ist,
so heißt es in der Präambel der Allgemeinen Erklärung, Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt.
Formal begründet sie zwar weder
individuelle Rechte, noch konkrete Rechtspflichten für die
Unterzeichnerstaaten. Sie formuliert aber ein von allen Ländern anerkanntes
Ideal, auf dessen Einhaltung und Verwirklichung sie in allen ihren politischen
und rechtlichen Bemühungen hinzuwirken haben; in dieser Funktion ist sie
normative und rechtliche Bezugsgröße allen staatlichen Handelns.
Die Menschenrechte sind
unveräußerlich, unteilbar und universell. Der Friedensnobelpreisträger René Cassin,[v] einer der Autoren der Allgemeinen
Erklärung, fasste sie schlicht zusammen, als das, was einem keiner wegnehmen kann.
Sofern mit dem Satz der bloße Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben
gemeint ist, trifft er sicher zu doch wie steht es
in der heutigen, ganz konkreten Lebenswirklichkeit um den Zustand der
Menschenrechte?
Allein im vergangenen Jahr wurde in 91
Ländern dieser Erde das Recht auf Meinungsfreiheit eingeschränkt; der UNO
zufolge setzen weltweit mindestens 55 bewaffnete Gruppen und Regierungstruppen
Kinder als Soldaten ein; in mindestens 101 Ländern dieser Welt wurden im
letzten Jahr Menschen gefoltert oder misshandelt.[vi]
Das von der Organisation Reporter ohne Grenzen geführte
Barometer zur aktuellen Situation von Journalisten vermeldet ganz sachlich
für das ja noch nicht zu Ende gegangene Jahr 2012:
- 59 Journalisten getötet,
- 44 Online-Aktivisten und
Bürgerjournalisten getötet,
- 155 Journalisten in Haft,
- 130 Online-Aktivisten
in Haft[vii].
Jeden Tag sehen wir die schrecklichen
Bilder aus Homs, aus Aleppo, aus Damaskus oder aus anderen Orten, an denen der
Aufstand in Syrien von Tag zu Tag blutiger tobt.
Wir müssen ethnische
Auseinandersetzungen im Kongo erleben, mit Kämpfen zwischen Rebellen und
Regierungstruppen und Gewaltverbrechen an Zivilisten.
In Mexiko, einem Land, das Platz 149 von
179 Staaten auf dem Index der Pressefreiheit einnimmt, werden abseits
staatlicher Kontrolle Journalisten ermordet oder
eingeschüchtert und die Gewaltspirale des seit Jahren tobenden Drogenkrieges
dreht sich immer schneller.
In Ägypten
wurden erst vor drei Tagen sieben Christen (in Abwesenheit) wegen Beleidigung
des Islam zum Tode verurteilt, weil sie an der
Herstellung eines Schmähfilms beteiligt gewesen sein sollen.
Im Iran wartet die Bloggerin und
Menschenrechtsaktivistin Ahiva Ahri immer noch auf ihre Berufung, nachdem sie
wegen angeblicher Propaganda gegen das Regime zu sechs Jahren Haft und 76
Peitschenhieben verurteilt wurde.
In der Volksrepublik China sehen sich
Anwälte, Künstler oder Oppositionelle staatlichen
Gängelungen, Einschüchterungen und Verhaftungen ausgesetzt. Genauso
auch in der Russischen Förderation.
Meine Damen und Herren,
diese Aufzählung ließe sich noch lange
fortsetzen. Wo man auch hinschaut auf der Welt, gibt
es fundamentale Verstöße gegen die Menschenrechte.
Menschenrechte können
sich nicht selbst schützen. Dem Recht des Stärkeren muss die Stärke des Rechts entgegengesetzt
werden. Wirksamer Schutz gegen Folter, Gewalt, Vertreibung
und Unterdrückung kann nur von der Gemeinschaft freier Rechtsstaaten geleistet
werden. Daher ist Menschenrechtspolitik heute
auch nicht mehr innere Angelegenheit eines Staates, sondern sie gehört zur
Weltpolitik und verpflichtet alle Länder zu Wachsamkeit und Engagement.
Die Mehrzahl der weltweit geschriebenen
Verfassungen räumt den jeweiligen Staatsbürgern zwar ihre unveräußerlichen
Rechte auf Freiheit und Menschenwürde ein.
Doch die Buchstaben auf einem Stück
Papier bleiben ein billiges Versprechen, wenn es an
der Freiheit fehlt, von diesen Rechten Gebrauch zu machen.
Menschenrechte müssen auch von
kompetenten und dem Recht verpflichteten Polizei- und Sicherheitsbehörden
beachtet, von unabhängigen Gerichten überwacht, und von der freien Presse
verteidigt werden.
Einem Menschen seine
Menschenrechte verweigern, bedeutet, ihn in seiner Menschlichkeit zu missachten.
Dies sind die Worte des ersten Preisträgers des
Ludovic-Trarieux-Preises am 27. März 1985 wurde er dem inhaftierten Anwalt
Nelson Mandela verliehen, der zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre in den
Gefängnissen Südafrikas verbracht hatte.
Meine Damen und Herren,
schon damals galt der
Grundsatz, dass es einem Laudator bei einer Preisverleihung eigentlich nicht nur
obliegt, eine würdigende Rede zu halten, sondern auch, dem Adressaten dieser
Rede den entsprechenden Preis zu überreichen.
Wie wir alle wissen, ist
dies auch heute leider nicht möglich.
Der Autor und Rechtsanwalt Muharrem
Erbey wurde am 24. Dezember 2009 gegen
5 Uhr früh auf Veranlassung der
Republikanischen Oberstaatsanwaltschaft in Diyarbakır bei einer in
mehreren Provinzen durchgeführten Operation gegen den Menschenrechtsverein IHD
und gegen die, auch im Parlament in Ankara vertretene Partei für Frieden und
Demokratie (BDP)[viii] verhaftet.
Er war einer von über 80 Festgenommenen.
Der Vorwurf gegen ihn lautet offenbar
Mitgliedschaft in einer bewaffneten illegalen Organisation sowie
Zuwiderhandlung gegen das Versammlungsgesetz[ix].
Laut seiner Aussage werde das Verfahren
gegen ihn mit Hilfe eines Geheimzeugen geführt und
man werfe ihm vor als Auslandsvertreter der KCK agiert zu haben, indem er im
Ausland Vorträge gehalten hat. Das Verfahren diene allein dazu, ihn nun zum
Schweigen zu bringen, weil er unter anderem über
Misshandlungen durch die türkischen Polizei gegenüber ausländischen
Abgeordneten gesprochen habe.
Muharrem Erbey wurde
1969 in Diyarbakir im Südosten der Türkei geboren. Nach dem Schulabschluss studierte er an
der Istanbul Universität Rechtswissenschaften; seinen Abschluss machte er 1996
an der Dicle Universität in Diyarbakir, seit 1997 arbeitet er als zugelassener Rechtsanwalt.
Neben seiner Tätigkeit in der Regionalverwaltung
als Berater des Präsidenten der Union der Südostanatolischen Gemeinden[x] sowie des Bürgermeisters der
Stadtbehörde von Diyarbakir, wo er die Verantwortung für soziale Projekte
innehatte war Muharrem Erbey vor allem schriftstellerisch tätig und engagierte
sich besonders für soziale- und Menschenrechtsbelange.
Muharrem Erbey veröffentlichte in
zahlreichen Magazinen, in Zeitungen und auf Webseiten Artikel zu kulturellen
und politischen Themen, zu Menschenrechten, zur Kurdenfrage oder
zur Demokratie im Allgemeinen. Er ist Mitglied im
türkischen Ableger des internationalen P.E.N.-Klubs, im Literaturverband von
Diyarbakir und in der türkischen sowie der kurdischen Schriftstellervereinigung.
Vor allem aber ist
Muharrem Erbey über viele Jahre als engagierter Anwalt der Menschenrechte
aktiv. Im Jahr 2006 gründete er unter anderem den Sarmaşık-Verein
gegen Armut[xi], bereits seit 2000 ist er Mitglied in
der Human Rights Association (IHD)[xii], seit Mai 2008 ist er deren
Vorsitzender in der Region Diyarbakir und seit November 2008 auch ihr
Vizepräsident.
Die IHD setzt sich für die Einhaltung
der Menschenrechte ein; sie organisiert regelmäßig Aktionen zu Themen wie
Frauen- und Kinderrechten, der Stellung der Kurden in der Türkei oder der
Abschaffung der Todesstrafe.
Die Organisation ist Mitglied der
International Federation of Human Rights (FIDH) und kooperiert mit
verschiedenen NGOs inner- und außerhalb der Türkei, unter anderem mit Amnesty
International.
In ihren Leitlinien verpflichtet sich
die IHD, wie es auch Muharrem Erbey immer wieder öffentlich getan hat, dem
Schutz und der Förderung der Menschenrechte mit
friedlichen Mitteln und vertritt die Prinzipien von Meinungs-, Religions-
und Versammlungsfreiheit und fairer Gerichtsverfahren.
Meine Damen und Herren,
Rechtsanwalt Muharrem Erbey ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Er sitzt bis heute im Gefängnis, ohne verurteilt zu sein. Der Prozess gegen ihn hat vor zwei Monaten, am 21. September 2012 in
Diyarbakir begonnen, also fast drei Jahre nach seiner Verhaftung, und soll
Mitte Januar fortgesetzt werden.
Muharrem Erbey wird der heutige Preis
verliehen, weil er sich, so heißt es auszugsweise in der Begründung des
Internationalen Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreises, durch seine Arbeit, seine Aktivitäten, um die Achtung der
Menschenrechte, um die Herrschaft des Rechts verdient gemacht hat.
Ja, diesen Preis verdient er wirklich.
Es wäre gut, wenn er
ihn auch bald persönlich in Freiheit entgegennehmen könnte. Die Untersuchungshaft sollte ausgesetzt
werden.
Dieser Preis
setzt auch ein Zeichen.
Er soll denen Mut machen, die in
ähnlichen Situationen sind. Er soll ermutigen, die in
der Türkei begonnenen Reformen zur Verbesserung des Justizwesens weiter
voranzutreiben auch gegen Widerstände von Veränderungsunwilligen und ewig
Gestrigen.
Er soll den sprichwörtlichen Finger in
die Wunde legen, und darauf hindeuten, dass es noch ein weiter Weg bis zur
Vollendung des Rechtsstaats ist; und er soll darin bestärken, dass es sich
lohnt, diesen zügig und unverzagt weiterzugehen.
Er ist deshalb gerade nicht gegen die
Türkei gerichtet, sondern im Gegenteil als Ermutigung für diejenigen zu
verstehen, die sich auf friedlichem Weg für mehr Rechtsstaatlichkeit einsetzen
unabhängig davon, ob in Organisationen, auf der Straße oder in der staatlichen
Verwaltung.
Meine Damen und Herren,
die Stellung des Anwalts ist in einem
rechtsstaatlichen Strafverfahren von ganz zentraler Bedeutung. Weder sie noch
ihre Mandanten dürfen daher grundsätzlichen Verfahrensrechten beraubt oder in ihnen eingeschränkt werden.
Der besondere Schutz von Anwälten ist in
Deutschland deshalb unter anderem in der Strafprozessordnung ausdrücklich
verankert; denken Sie etwa das Zeugnisverweigerungsrecht oder das
Beweiserhebungs- und verwertungsverbot in § 160a StPO, der auf meine Initiative
hin auch vor kurzem noch einmal erweitert wurde.
Das Bundesverfassungsgericht verweist
ausdrücklich darauf, dass die Privilegierung für Strafverteidiger deshalb gerechtfertigt
sei, weil ihre Kommunikation mit dem
Beschuldigten eines Strafverfahrens typischerweise einen Bezug zu Art. 1 Abs. 1
GG aufweist,[xiii] also die Menschenwürde und den darin
enthaltenen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung unmittelbar
betrifft.
Ein Anwalt kann und
darf nicht selbst wegen seiner Verteidigung angeklagt werden. Jeder Beschuldigte, auch Mörder oder Terroristen haben ein Recht auf einen Anwalt im Prozess
der Anwalt wird dadurch aber weder selbst zum Mörder oder Terroristen, noch
wird er durch die bloße Verteidigung zum Unterstützer oder Sympathisanten.
Wenn eine Untersuchungshaft fast drei
Jahre dauert, ist dies auch ohne Ansehung konkreter
Tatvorwürfe aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hinnehmbar.
Anfang dieses Monats habe ich in
direkten, sehr offenen Gesprächen mit türkischen Vertretern unter ihnen auch
der Justizminister, der Präsident des türkischen Verfassungsgerichts und
Vertreter der Anwaltschaft sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass
Massenverfahren gegen Anwälte und Journalisten, dass die Einschränkung von
Verfahrensrechten Beschuldigter oder eine überlange Dauer der
Untersuchungshaftzeiten die Bundesregierung beunruhigt und von ihr sehr
aufmerksam und kritisch verfolgt wird.
Ich habe auch darauf hingewiesen, dass
von einer Gesetzgebung, die sich weitgehend unkonkret gegen Propaganda und
Terror oder gegen die Beleidigung des Türkentums richtet,
auch eine grundsätzliche Gefahr staatlichen Missbrauchs ausgeht.
Wie Sie wissen, erhebt die Türkei für
sich selbst den Anspruch, das Justizwesen zu reformieren und plant darüber
hinaus eine grundlegende Verfassungsreform.
Die Welt verfolgt diesen Prozess mit
großem Interesse; gerade die vor wenigen Wochen implementierte
Individualbeschwerde kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des
Rechtsystems leisten. Bekanntlich haben wir in Deutschland mit der allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehenden Möglichkeit
einer Verfassungsbeschwerde sehr gute Erfahrungen gemacht; einerseits hat sie
staatlichem Missbrauch Einhalt geboten, anderseits hat sie bei den Bürgerinnen
und Bürgern das Ansehen unserer Verfassung mit ihren Grundrechten gestärkt.
Die Individualbeschwerde bietet den
Bürgerinnen und Bürgern ein neues Rechtschutzinstrument. Wenn dieses ausgeschöpft ist, kann der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte angerufen werden das mag natürlich
nicht immer gefallen, bedeutet aber wie für alle der mittlerweile 47 Staaten
des Europarats eine ständige kritische Überprüfung und Verbesserung des eigenen
Rechtsystems.
Nicht nur in der Allgemeinen Erklärung,
sondern auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention drückt sich nämlich
eine gemeinsame Wertebasis der Staaten aus, die sie gezeichnet haben darunter
bekanntlich auch die Türkei.
Der Europäische
Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg mahnt als
Hüterin dieser Konvention immer wieder Versäumnisse beim Minderheitenschutz,
bei der Meinungs-, Presse- oder der Religionsfreiheit, beim fairen Prozess oder
bei der Achtung von Verfahrensgarantien an. Nicht nur gegenüber der Türkei.
Denken Sie aktuell etwa an Ungarn oder Rumänien; auch
Deutschland wurde vom Menschenrechtsgerichtshof beispielsweise bei der Stellung
leiblicher Väter kritisiert.
So wie der Gerichtshof in seinen
Urteilen
gegen die Türkei waren es zwischen
1995 und 2010 über 2200 , erinnert auch der Ludovic-Trarieux-Preis daran, dass
Pluralismus, der Schutz von Minderheiten und Demonstrations-, Meinungs- oder
Religionsfreiheit keine Gefahr für einen demokratischen Staat sind, sondern
dessen Fundament. Dieses Fundament gerät ins Wanken, wenn Menschen über Monate
und sogar Jahre in Untersuchungshaft sitzen, wenn Anwälte und Journalisten
aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten in Massenverfahren vor Gericht gestellt
werden, wenn bestimmte Minderheiten ihre religiöse oder kulturelle Identität
nicht frei ausleben können.
Lassen Sie mich
noch einmal auf den ersten Preisträger der heute verliehenen Auszeichnung
zurückkommen. Nelson Mandela sagte 1962 in seiner berühmten Verteidigungsrede
vor Gericht:
"Die Geschichte zeigt, dass Strafen Menschen, die ihrem Gewissen
folgen, nicht zurückhalten können."
Er selbst ist
das beste Beispiel dafür.
Wir sehen es aber auch an der Tatsache, dass weltweit immer mehr Menschen für ihre Rechte
auf die Straße gehen denken Sie nur an den sogenannten Arabischen Frühling.
Auch ein demokratischer Staat muss sich
selbstverständlich gegen Gewalt und Extremismus zur Wehr setzen können.
Die Wehrhaftigkeit der Demokratie drückt
sich aber in der Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln aus, welche von
prinzipiellen Werten getragen sind, die auch und
gerade gegenüber ihren Feinden gelten.
Meine Damen
und Herren,
gerade weil Muharrem Erbey heute nicht hier sein
kann, möchte ich meine Rede mit seinen eigenen Worten schließen.
Aus dem
Gefängnis von Diyarbakır schrieb er in einem Brief die Zeilen [ich
zitiere]:
Rechte
und Freiheit können in jeder Gesellschaft eingeschränkt werden;
Die Frage lautet, in welchem Umfang dies
geschieht, und unter keinen Umständen dürfen diese Einschränkungen den Rahmen
der Gerechtigkeit tangieren.
Die Verteidigerinnen und Verteidiger der
Menschenrechte und jene, die aus Gewissensgründen handeln, versuchen, ihrer
persönlichen Pflicht nachzukommen, wenn die Repression zum Machterhalt
ausgeweitet und die Gerechtigkeit destabilisiert wird.
In wirklich demokratischen Gesellschaften und
auch in jenen, in denen die Ausübung demokratischer Rechte nur eine Fassade
ist, aufrechterhalten durch eine Illusion, haben wir Menschenrechtsverteidigerinnen
und verteidiger es uns zum festen Prinzip gemacht, die Würde und Ehre der
Menschen zu verteidigen ungeachtet ihrer Abstammung, ihrer Sprache, ihrer
ethnischen Identität, Religion, Klassenzugehörigkeit oder ihres Geschlechts.
(
)
Ein wenig mehr Toleranz, Kooperation,
Empathie. Lasst uns
nicht vergessen, dass jede und jeder das Recht hat, Einfluss zu nehmen auf die
gesellschaftlichen Entwicklungen und dass dies zu tun moralische Pflicht ist.
(
)
Alles für die Gleichheit, die Freiheit und die Gerechtigkeit.
Genau wegen dieser
Haltung, diesem Mut, dieser Geradlinigkeit wird Muharrem Erbey heute
ausgezeichnet.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Rede
von
Bernd Häusler
Vize-Präsident Berliner
RAK
zur Verleihung des XVII. Internationalen Ludovic-Trarieux-Preises.
Sehr
geehrte Damen und Herren,
der Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreis
wird nicht das erste Mal verliehen, aber das erste Mal in Berlin. Es scheint daher sinnvoll, in aller Kürze diesen Preis vorzustellen. Wer war Ludovic-Trarieux? Was hat
die Anwaltschaft mit ihm zu tun? Wie kommt es zur Preisverleihung
in Berlin?
Ludovic
Trarieux wurde am 30.11.1840 - als genau vor 172
Jahren - in Aubeterre in der Charante geboren. Bereits mit 21 Jahren
war er Rechtsanwalt in Bordeaux und Mitglied der dortigen Kammer. Bis
1881 - also rund 20 Jahre - praktizierte er in Bordeaux und danach in Paris.
1877 wurde er zum Batonnier - zum Präsidenten - der
Rechtsanwaltskammer Bordeaux gewählt.
Trarieux hatte ein bewegtes Leben nicht nur als Rechtsanwalt, sondern auch als Rechtspolitiker. So war er 1879 in die Nationalversammlung gewählt worden. Dort setzte er sich u.a. für den freien Zugang zur höheren Bildung für alle und einen Bestandsschutz der Gewerkschaften ein. 1885 wurde er als Justizminister berufen. Dieses Amt bekleidete er bis 1895. Ganz im Gegensatz zu dem heute in der Rechtspoltik in Deutschland herrschenden Zeitgeist, Rechtsmittelmöglichkeiten und Verfahrensrechte auf dem Altar der Ökonomie zu opfern, setzte Trarieux eine extensive Erweiterung der Rechtsmittelmöglichkeiten in Strafsachen durch. Darüber hinaus schuf er eine deutliche Verbesserung bei der Entschädigung für erlittenes justizielles Unrecht.
Die letzten zwei Amtsjahre Trarieux's als Justizminister waren gekennzeichnet von der sogenannten Dreyfus-Affäre. Dies war nicht nur ein politischer und militärischer Skandal, sondern vor allem auch ein Justizskandal, der ganz wesentlich auf der Unkultur geheimdienstlicher Unlauterkeiten beruhte, denen die Justiz bereitwillig folgte. So wurden Ermittlungen schon von Anfang an in die falsche Richtung gelenkt und die wahren Täter blieben ungeschoren. Die Aktualität dieses Aspekts müsste uns in Deutschland angesichts der zahlreichen Untersuchungsausschüsse zum Wirken der Verfassungsschutzämter geradezu ins Gesicht springen. Dreyfus blieb auf der Strecke und wurde verurteilt - zunächst.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt
des Justizministers war Trarieux freier und setzte sich nicht nur als Politiker,
sondern auch als Rechtsanwalt für Dreyfus und den Nachweis von dessen Unschuld
ein. Auf seine Initiative hin wurde 1898 die Liga zur Verteidigung
der Menschen- und Bürgerrechte gegründet, deren erster Präsident er
wurde. Das erste Manifest der Liga trägt ganz seine Handschrift: Jeder
dessen Freiheit bedroht ist oder dessen Rechte verletzt worden sind,
darf sicher sein, Hilfe und Unterstützung von der Liga zu erhalten.
Dreyfus' volle Rehabilitation am 12. Juli 1906 erlebte Trarieux
nicht mehr. Er starb am 13. März 1904 in Paris.
Wie ein roter Faden zieht sich Trarieux's Engagement für die Menschenrechte auf einem sehr hohen und sehr modernen Niveau durch sein Leben. Mit seiner Forderung des freien Zugangs zur höheren Bildung war Trarieux der Entwicklung knapp hundert Jahre voraus. Erst am 19.12.1966 beschloss die UN-Vollversammlung den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der in seinem Art. 13 das Recht auf Bildung als Menschenrecht aufführt und u.a. den unentgeltlichen Zugang zum Hochschulstudium fordert. Diesem Pakt ist die Bundesrepublik Deutschland 1973 beigetreten. Wie weit wir von diesen menschenrechtlichen Positionen in unserem Land entfernt sind, zeigt die aktuelle Debatte über die mangelnde Schichtendurchlässigkeit unseres Bildungssystems.
Glücklich
also die Kammer, die Persönlichkeiten wie Trarieux
zu ihren Mitgliedern zählen kann! Es verwundert daher nicht, wenn eine Kammer
wie Bordeaux schon seit Jahrzehnten ein Menschenrechtsinstitut hat und
dieses in den 1980-er Jahren einen Menschenrechtspreis von Anwälten für
Anwälte ins Leben rief. Es ist
meines Wissens der erste Preis dieser Art und wohl auch der einzige.
Erster
Preisträger im Jahre 1985 war Nelson Mandela. Zu diesem Zeitpunkt war
Mandela noch ein Geächteter, ein Terrorist, der bereits über 20 jahre
inhaftiert und auf einer Gefangeneninsel vor Kapstadt weitgehend isoliert
war. Ein Zusammenbrechen des Apartheitsystems war zu diesem Zeitpunkt
nicht in Sicht. Es war daher eine weitblickende und eine mutige Entscheidung
der damaligen Jury.
In den folgenden Jahren wuchs das Institut in Bordeaux. Andere Kammern in Frankreich, Belgien und Luxemburg nahmen die Idee auf und gründeten ihrerseits Menschenrechtsinstitute. Es entstand der Wunsch nach einem gemeinsamen Dach, und so entstand das Institut droits de l'homme des Avocats Européens - kurz IDHAE. Trarieux ist zwar mehr als 100 Jahre tot, aber man sieht, sein Geist wirkt fort! Und einer, der diese Fackel weitergetragen hat und auch noch immer trägt, ist Bertrand Favreau, früherer Batonnier der Kammer Bordeaux, Präsident des Menschenrechtsinstituts der Kammer Bordeaux und jetziger Präsident des IDHAE.
Wie
aber kam die Rechtsanwaltskammer Berlin zum IDHAE? Wegen seiner besonderen
Situation stand Berlin zwar immer im Interesse der Weltöffentlichkeit.
Mit dem Fall der Mauer nahm dieses zu; die Zahl der Touristen stieg. Aber das Interesse änderte sich auch. Man wollte sehen,
wie geht das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands. Und so bekam
die Kammer Berlin immer mehr Auslandskontakte, wobei sicherlich auch
die Hauptstadtfunktion eine Rolle spielte. Einer der
intensivsten Kontakte entstand zu den israelischen Kollegen.
Damit wurde aber auch das dunkle Erbe nationalsozialistischer Vergangenheit,
das ja allen hinlänglich bekannt war, in ganz anderen
Dimensionen erlebbar. So entstand das Buchprojekt
"Anwalt ohne Recht" über das Schicksal jüdischer Anwälte während
der Hitler-Diktatur.
Geschichte
ist aber nur halb soviel wert, wenn man in einer
rein historisierenden Betrachtung verfangen bleibt. Vielmehr
kommt es darauf an, Schlussfolgerungen auch für künftiges Verhalten zu
ziehen. Die Rechtsanwaltskammer Berlin begann daher, eine Verantwortung
auch darin gesehen, verfolgten Kolleginnen und
Kollegen im Ausland beizustehen. So kam es in den jahren 1997 und 2000
zu den ersten Prozessbeobachtungen in Verfahren gegen Kolleginnen
und Kollegen in der Türkei, die sich jedoch eher
zufällig ergaben.
Zur gleichen Zeit wuchs Europa immer weiter zusammen und damit auch dessen Anwaltschaft. Der frühere Präsident der Berliner Kammer, Kay-Thomas Pohl, traf dabei auf Bertrand Favreau, der ihm von der Arbeit des IDHAE berichtete. Es hat nicht viel Überzeugungsarbeit bedurft, dass die Berliner Kammer dem IDHAE - zunächst - als einfaches Mitglied beitrat. Es war wohl 2003 oder 2004.
Die Preisverleihung 2010 in Bordeaux
fand auf Schloß la Brède, dem Familiensitz Montequieus, statt. Auch dessen
Geist lebt noch und es wäre interressant zu untersuchen, welche geistigen
Linien trotz eines dazwischen liegenden Jahrhunderts von Montesquieu
zu Trarieux und letztlich auch zu Betrand Favreau geflossen sind. Ich war dort aufgefordert,
einige Worte für die Berliner Kammer zu sagen. Ich erwähnte unser
finsteres Erbe aus nationalsozialistischer Zeit und die sich daraus
ergebende Verpflichtung für die Zukunft. Es wäre daher eine große Anerkennung
unserer Bemühungen bei der Bewältigung dieses Erbes, eines Tages
die Preisverleihung in Berlin ausrichten zu dürften.
So ist es zu der heutigen Feierstunde hier in Berlin gekommen,
an diesem von den Nationalsozialisten schwer missbrauchtem Ort. Doch
es ist meine tiefste Überzeugung, dass die Gerechtigkeit,
die ohne Achtung der Menschenrechte nicht denkbar ist, das letzte Wort
haben wird, auch wenn es immer wieder Angriffe hierauf gibt und Rückschläge
zu verzeichnen sind.
Nachdem
im Mai dieses Jahres die Jury des IDHAE sich für Avukat Muharrem Erbey
entschieden hatte, erfuhren wir im Juli eher zufällig, dass der Menschenrechtsbeauftragte
der Bundesregierung, Herr Markus Löning, den Preisträger schon im Juni
dieses Jahres in der Haft besucht hatte, ohne allerdings von dessen
Wahl zu wissen.
Mir
scheint dies ein Beleg dafür, wie richtig unsere Entscheidung war. Wir
suchten Kontakt zu Herrn Löning und erhielten die Anregung, direkt vor
Ort uns für die Freilassung unseres Kollegen einzusetzen, und die Zusage,
dabei entsprechend unterstützt zu werden.
Herr Löning hat es nicht nur bei Worten belassen, sondern auch Taten
folgen lassen. So wurden wir bei unseren Bemühungen in Ankara und Diyabakir
von der Deutschen Botschaft unterstützt. Dafür danken für Ihnen,
Herr Löning, vor allem aber für ihre Ermutigung zwar auch Ratschläge
von Diplomaten entgegen zu nehmen, die Angelegenheit aber wie Anwälte
zu handhaben.
Das taten wir dann auch und hatten so Gelegenheit unser Anliegen
dem Leiter des Referats für Internationale Rechtsbeziehungen im türkischen
Justizministerium, Herrn Dogan, vorzutragen. Herr Dogan dankte für die offenen Wort und war
uns auch - obwohl nicht zuständig - behilflich, eine Besuchserlaubnis
bei unserem Kollegen Erbey zu erhalten.
Der
wichtigste Ertrag dieses Gesprächs mit Herrn Dogan bestand aber in dem
Hinweis auf den beabsichtigten Staatsbesuch unserer Bundesjustizministerin
Ende Oktober in Ankara, der damals noch vertraulich behandelt wurde
und uns gar nicht bekannt war.
In Gesprächen
mit Kollegen vom türkischen Menschenrechtsverein Insan Haklan Dernegi
(IHD), dessen stellvertretender Vorsitzender und Vorsitzender der regionalen
Gruppe unser Preisträger ist, wurden wir über Recht und Rechtswirklichkeit
in der Türkei auf dem Weg nach Europa aufgeklärt. Dies ist
ein weites Feld. Mit diesem Stoff könnte man Seminare
füllen. Nur zwei der vielen Erkenntnis aus diesen Gesprächen will
ich hier weitergeben:
Vor den jüngsten strafprozessualen Reformen wurden Menschen verhaftet,
keinem Richter vorgeführt, in der Haft misshandelt und gefoltert. 70 % bis 80 % von ihnen wurden jedoch nach drei bis vier Wochen freigelassen. Heute - nach den Justizreformen
- werden die Inhaftierten dem Richter innerhalb von 4 Tagen vorgeführt.
Folterungen oder Misshandlungen wurden nicht bekannt.
Dafür aber sind sie oft jahrelang ohne Anklage
in Untersuchungshaft. Man kann auch legal Unrecht begehen. Die Sondergerichte
- zuständig für terroristische und seperatistische Taten wurden abgeschaft.
An ihre Stelle traten Strafkammern mit besonderer Befugnis, die die
bisherige Funktion und Arbeitsweise der Sondergerichte uneingeschränkt
übernahmen. Ein neues Etikett reicht nicht, um alte Giftmüllfässer
zu entsorgen.
Wir
hatten Gespräche mit dem Präsidenten und Vizepräsidenten der Barosu
Türkiye Barolar Birlirigi Barosu - der Union der türkischen Rechtsanwaltskammer,
die unserer Bundesrechtsanwaltskammer entspricht -, mit dem Präsidenten
und Vorstandsmitgliedern der Rechtsanwaltskammer Diyabakir und vor allen
Dingen ein mehr als dreistündiges Gespräch mit unserem Kollegen Muharrem
Erbey im Gefängnis von Diyabakir. Wir fanden den Eindruck bestätigt,
den uns schon vorher Herr Löning vermittelt hatte: Ein engagierter und
gradliniger Rechtsanwalt, kämpferisch und kreativ. Denn unser Preisträger
ist nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch Schriftsteller
und Mitglied des PEN-Clubs.
Mit
dem Kollegen Erbey sind fünf weitere Anwälte in Haft sowie zahlreiche
einfache und auch höhere Beamte aus den Verwaltungen der Stadt Diyarbakir
und der umliegenden Gemeinden. Diyarbakir ist eine Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, die eine ähnliche Verwaltungsstruktur
wie Berlin hat. Es gibt einen Oberbürgermeister und mehrere
Bezirksbürgermeister. Alle Bezirksbürgermeister sind in Haft. Nur der Oberbürgermeister ist noch in Freiheit. Gegen ihn wird aber
auch ermittelt. Insgesamt sind 140 Personen
angeklagt, von denen 95 in Haft sind. Einer von Ihnen Muharrem
Erbey.
Nach
unserem Besuch in der Haftanstalt konnten wir uns einen Eindruck von dem
Prozess, der gegen ihn und die anderen 140 Angeklagten geführt wird, machen.
Aus dieser Prozessbeobachtung ergebe sich ebenfalls Stoff, mit dem man
Seminare füllen könnte. Auch hierzu will ich nur eine Erkenntnis aus
der Fülle der gewonnenen weitergeben:
Wie
kann man einen Prozess, der ein Mindestmaß an rechtsstaatlichen Prinzipien
wahrt, gegen 140 Angeklagte führen, bei dem das einzig verbindende
Element zwischen den Angeklagten die gegen sie in der Anklageschrift
angewandte Strafvorschrift ist, jedem Angeklagten jedoch gänzlich unterschiedliche
Tathandlungen zur Last gelegt werden?
Diese
Frage beantwortet sich wohl von selbst!
Zurück in Berlin haben wir sofort Kontakt zum Bundesjustizministerium
aufgenommen und von unserer Begegnung mit Herrn Dogan berichtet. In einem persönlichen Gespräch ließ
sich die Bundesjustiministerin unsere Eindrücke und Erkenntnisse
vermitteln. Bei ihrem
Staatsbesuch in der Türkei sprach sie dann die Problematik bei ihrem
Amtskollegen an und forderte die Freilassung unseres Preisträgers. Leider ohne Erfolg.
Ich möchte die Gelegenheit nicht versäumen, Ihnen liebe Frau Ministerin, dafür zu danken, dass Sie die Anwaltschaft in diesem wichtigen Punkt so stark unterstützt haben. Ebenso möchten wir Herrn Löning danken, der uns den Anstoß gab. Ohne seine Anregung hätten wir diesen Versuch wohl nicht unternommen.
Ich komme zum Ende meiner Ausführungen,
auch wenn wir mit der Sache selbst nicht zu Ende sind. Heute Vormittag hat Herr Löning
Frau Erbey und die Kinder im Auswärtigen Amt empfangen. Er hat dabei
noch einmal den Grund seines Engagements zum Ausdruck gebracht.
Herr
Erbey hat stets Opfer und ihre Angehörigen vertreten - egal welcher
Seite sie angehörten - Angehörige von Soldaten, Polizisten, Behördenvertreter
einerseits, aber auch Angehörige verhafteter, verletzter oder gar getöteter PKK-Mitglieder andererseits. Er
hat sich immer für Dialog eingesetzt. Die Herstellung von Verständigung
zwischen den Beteiligten trotz aller Gräben ist
eine der wichtigsten Aufgaben eines jeden Anwalts. Wie könnte einer
dies besser als der, der die Not auf beiden Seiten
kennt? Aus meiner Sicht ist es dabei aber besonders
infam, ihm nun einseitig die Mandate für Angehörige von PKK-Mitgliedern
vorzuhalten, abgesehen davon, dass er nichts Unrechtes getan hat.
Das Vorgehen türkischer
Behörden und Gerichte gegen unseren Kollegen Erbey, aber auch gegen
andere Kolleginnen und Kollegen spiegelt deren gänzliches Unverständnis
von den "Principles on the Role
of Lawyers" wieder. Diese Principles, von den
Vereinten Nationen beschlossen, sind Konsens der Völkergemeinschaft.
Die grundlegende Bestimmung, aus der sich alle weiteren Regeln ableiten
lassen, lautet, dass ein Rechtsanwalt nicht mit seinem Mandanten oder
der Sache seines Mandanten identifiziert werden darf.
Wie der Kollege Erbey setzen auch wir auf Dialog. So haben wir am 24.01.2012, dem Tag des bedrohten Anwalts,
nicht nur vor der türkischen Botschaft in Berlin wegen der im November
2011 erfolgten Massenverhaftungen demonstriert, wie dies Kolleginnen
und Kollegen in rund 20 Städten in Europa vor konsularischen Vertretungen
der Türkei an diesem Tag taten, sondern auch den Dialog mit dem Botschafter
gesucht und mit dem Gesandten zu den Principles on the Role of Lawyers
geführt. Diesen Dialog werden wir - auch im Geist unseres
Preisträgers - und mit Unterstützung unserer Regierung - so hoffe ich
- fortführen.
Lassen
Sie mich mit einer Liebeserklärung für Diyarbakir,
die eng mit dem Preisträger verbunden ist, schließen.
Sollten
Sie einmal in die östliche Türkei gelangen, sollten Sie nicht zögern,
diese Stadt, die am Schnittpunkt zweier uralter Karawanenstraßen gelegen
ist, zu besuchen. Die eine verband den Norden mit
dem Süden und die andere den Okzident mit dem Orient, letztlich Westeuropa
mit China. Schon 1.700 Jahre vor unserer Zeitrechnung, zur Zeit Hammurabis,
gab es hier eine Hethiter-Stadt, die leicht erhöht am Ufer des Tigris lag.
Hier
begann das alte Zwei-Strom-Land, das zugleich auch altes bibliches Land ist. Aus der Römerzeit steht noch eine alte Stadtmauer,
die in größerem Umfang und besserem Zustand erhalten ist
als die in Istanbul.
Es gab Zeiten, in denen ein blühendes religiöses Leben
aller drei großen monotheistischer Religionen nebeneinander in einer
Stadt möglich war.
Wenn
man einen Dialog zwischen Okzident und Orient führen will, so findet
sich hierfür kein besserer Ort als diese Stadt, die seit Jahrtausenden
vom Dialog geprägt ist.
Daran wird auch eine kurzsichtige Politik nichts ändern. Diese Stadt des Dialogs prägt auch heute noch ihre Menschen und hat unseren Kollegen und Preisträger geprägt, der wie seine Stadt immer auf Dialog setzen wird.
Mit unserer Wahl, den Kollegen Erbey
in diesem Jahr mit dem Ludovic-Trarieux-Preis auszuzeichnen, haben wir
zugleich auch Dialog und Verständnis gestärkt, ohne die Schutz und Verwirklichung
der Menschenrechte nicht denkbar ist.
Rede
von
Bertrand Favreau
zur Verleihung
des XVII. Internationalen
Ludovic-Trarieux-Preises.
Warum
Mandela ?
Der Internationale
Menschenrechtspreis Ludovic-Trarieux ist vielleicht die älteste und natûrlich
für uns - dierenommierteste Auszeichnung für einen Rechtsanwalt. Oftmals imitiert, bleibt er die einzige europäische Anerkennung
im Bereich der Menschenrechte, dessen Dotierung einem Anwalt zugutekommt. Die
Idee zu diesem Preis geht auf einen Ausspruch von Anwalt Ludovic Trarieux (1840-1904) zurück, der
1898 zur Zeit der Dreyfus-Affäre in Frankreich, die Liga für Menschen- und
Bürgerrechte gründete. Ğ Dies war nicht nur der fall eines
einzelnen, der zu verteidigen war, darüber hinaus ging
es um das Recht, die Gerechtigkeit, die
Menschlichkeit ğ
Dieser Preis
wird einem Rechtsanwalt ohne Ansehen seiner Nationalität oder
Kammerzugehörigkeit verliehen, der sich durch seine Arbeit, seine Aktivitäten
oder sein Leiden um die Achtung der Menschenrechte, um die Gewährung
rechtlichen Gehörs, um die Rechtsherrschaft, um den Kampf gegen Rassismus und
Intoleranz in all ihren Formen verdient gemacht hat.
Der Preis
wurde zum ersten Mal am 27 März 1985 Nelson Mandela zugesprochen, der 23 Jahre
in den Gefängnissen Südafrikas verbracht hat. Er wurde am 27. April 1985 offiziell seiner Tochter übergeben. Dies war die
erste Preisverleihung überhaupt von Anwälten in der Welt.
Warum Mandela ?
Warum müssen wir weiterhin gegen Rassismus
kampfen ? Warum muss man dieses immer noch einmal
wiederholen, in ganze Europa, gerade auch hier im Saal des Kammergerichts
Berlin, wo Mitte des vorigen Jahrhunderts so viele Urteile gegen Menschen
gefällt wurden, die nur fur ihre fur unsere
- Freiheit gekämpft hatten.
Die Xenophobie, die oft mit Rassismus
verwechselt wird, ist genauer gesagt die Feindlichkeit gegenüber Ausländern,
Fremden, oder allem, was fremd ist. Die Anderen
Jede Theorie und jede Politik, die auf
dem Glauben an die Überlegenheiteiniger Menschen über
die anderen basiert, führt zur Vorherrschaft der einen über die anderen.
Gleich ob in der Theorie oder im Verhalten: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben
dieses gemeinsam, dass sie den Anderen als verschieden, minderwertig oder
schlecht ansehen; beide gehören zum Bereich der von Albert Memmi benannten Heterophobie.
Sie beruht auf ein und demselben
Vorurteil: der Überzeugung, dass Menschengruppen verschieden viel wert seien.
Diese Vorurteile gehen einher mit einer
stereotypischen Vorstellung der sichtbaren körperlichen sowie kulturellen,
sprachlichen und religiösen Eigenschaften, die den Mitgliedern dieser Gruppe
zugeschrieben werden.
Diese Vorurteile münden zwangsläufig in
Hass, Ausschluss und Gewaltanwendung, und, als
Kollektivverhalten, in einen institutionalisierten Rassismus von Staats wegen. Beispiele : das Naziregime, das die Auslöschung einer ganzen
Gruppe anordnete, und das nur aufgrund des Verbrechens, geboren worden zu
sein !wie André Frossard hat gesagt. Aber auch die Rassentrennung in den
Vereinigten Staaten und das Apartheid-Regime in Südafrika gehörten dazu.
Die rassistische Einstellung ist besonders in der Zeit der großen Entdeckungen zu finden.
Die Begegnung mit einer unbekannten Welt führte dazu, den Bewohnern der fremden
Weltgegenden den Status als Menschen abzuerkennen.
Diese Einstellung hat sozusagen als
Zwilling aber auch die erste anti-rassistische Erklärung zur Folge, es handelt
sich um die Predigt des Dominikaners Antonio de Monteiros, in 1511 : (
) Sagt mir,
welches Recht und welche Gerechtigkeit es Euch erlauben, die Indianer in einer
solch schrecklichen Knechtschaft zu halten? Sind es nicht
Menschen, menschliche Wesen? (Bartolomeo de Las
Casas, in Historia de las Indias).
Bis zum 18. Jahrhundert fokalisiert man
sich auf die Farbe der Haut. Das 19te Jahrhundert schlägt andere Unterschiede
vor, die aber immer auf Diskriminierung abzielen. Der Rassismus wurde nur von
wenigen in Frage gestellt, darunter der englische Anthropologe Edward Burnett
Tylor, der ab 1871 Gebrauch des Begriffs Rasse verurteilt,
oder auch der Dichter José Martì, der in Kuba geboren wurde, einer der letzten
Sklavenbastionen in Amerika, und der sich gegen den Gebrauch von
Bibliotheks-Rassen empörte und der ab 1890 wiederholt betont Der Mensch ist
unteilbar, oder Es gibt keine Rassen.
Die UNESCO-Veröffentlichung vom Juli
1950 über die Rasse bekräftigt, dass die Vorstellung von Unterschieden beim
Menschen jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.
Biologen,
Genetiker und Paläontologen haben jeweils bewiesen, dass der Homo Sapiens einen einzigen Ursprung hat und dass sich nur jedes
Individuum vom anderen unterscheidet.
Von der Art des Übels hängt die
Arznei ab. Dieses Übel, der Rassismus, ist im Menschen angelegt. Für die
Ethnologie handelt es sich um ein primitives und regressives Phänomen der
Menschheit Andere Wissenschaften sehen hierin ein irrationales oder unbewusstes
Phänomen, wobei der Hass gegen die anderen im Grunde ein Kampf gegen sich
selbst ist oder aus inneren Widersprüchen und Selbsthass resultiert.
Aus all
diesen Gründen also wurde der Preis - 28 Jahren früher - Nelson Mandela
zuerkannt, der zu der Zeit wenig bekannt war und fast vergessen in seinem
Gefängnis. Für sechs Jahre mehr
bis 1990. Und, als ich
die riesengrosse Ehre zusammen mit Catherine Lalumière, gehabt habe, diesen
Preis seine Tochter die gekommen ist, um es in seinem Namen zu empfangen,
einzureichen, in dieser Epoche musste man es sich gefallen lassen um hier
nicht an das Schlimmste zu erinnern sich als Handlanger des Terrorismus bezeichnen zu lassen und sich als Finanzierer der
Attentate gegen die Weißen in Südafrika schuldig zu werden, auch von seiner
eigenen Anwaltskammer
Ob Phönix oder Hydra, die Ablehnung des Anderen kennt immer wieder
neue vielgestaltige Erscheinungsformen. Die zwingende Notwendigkeit, immer
wieder aufs Neue die entsprechende Gesetzgebung zu vervollständigen zeigt, dass
der Kampf gegen Rassismus und Xenophobie ständig weitergeführt werden muss,
weil es sich zu allererst um einen Kampf des Menschen soziales Wesen oder
einfaches Individuum gegen sich selbst handelt.
Ils saccompagnent dune représentation stéréotypées
des particularités physiques visibles ou des caractéristiques culturelles,
linguistiques ou religieuses attribuées aux membres dun même groupe.
Dieses trifft zu, gleich ob es sich
bei Den Anderen um eine Mehrheit
handelt, wie zur Zeit der Apartheid, oder um eine Minderheit, wie die Kurden,
die zwischen mehreren Ländern verstreut leben, in denen sie immer von vielen
anderen unterdrückt werden.
Wir haben gesehen, dass der Kampf der
Minderheiten für ihr Recht sich nicht prinzipiell vom Kampf von Mehrheiten
unterscheidet. Es geht immer um den Kampf des Einzelnen für die Anerkennung
seiner Existenz und seiner Freiheit. Eine
universalistische Gesellschaftsauffassung kann nicht die Grundlage für eine
Negierung von Minoritäten sein.
Der Hass
gegen den Anderen und die Diskriminierung von Minderheiten gehen auf dieselbe
Art und Weise vor. Dieses Vorgehen führt eben auch zur Verfolgung der
kurdischen Minderheit und zur Inhaftierung von Anwälten, die ihre Sache
vertreten.
Wir glauben
dass die kurdische Frage in der Türkei kann nur gelöst werden, wenn die
militärischen Operationen aufhören, wenn es eine
allgemeine Amnestie und wirkliche wirtschaftliche und soziale Reformen mit
Gewähr für individuelle und kollektive Freiheiten gibt. Eine neue Verfassung
ist nötig, demokratischer Pluralismus, Aufnahme von Verhandlungen, damit die
Türkei die legitimen politischen und kulturellen - Rechte des kurdischen
Volkes anerkennt sowie auch sein Recht auf muttersprachliche Ausbildung. Nicht
vergessen es ist nicht eine Minderheit, es ist ein
Volk.
Gefängnis. Das Gefängnis von Diyarbakir, das mit
seinen fünf parallel liegenden Trakten wie eine moderne Fabrik aussieht, ist vollkommen überbelegt.
Die Häftlinge sind
in Gemeinschaftszellen untergebracht, die für 30 Personen gebaut sind. Jetzt hat man bis zu 60 Häftlinge hineingepfercht. Sie
schlafen in Kojen, die bis zur Zahl von fünf an den
Wänden hochgebaut sind. Die Gemeinschaftszellen haben keine eigenen Toiletten.
Die Gefangenen müssen jedes Mal über den Korridor, um die
Gemeinschaftstoiletten zu erreichen.
Für Muharrem Erbey dauert es seit drei
Jahren an. Drei Jahre ohne Gerichtsverfahren....
Wie könnten wir hier nicht an die Worte des Dichters Kurt Tucholsky denken,
dieses in Berlin geborenen Nonkonformisten, wenn er schreibt
: (in Ğ Haben Sie schon mal ğ
):
Haben Sie schon mal acht heisse Stunden
ein Verhör bestanden, dass Sie nicht verstehn ?
Haben Sie schon mal die Nachtsekunden
an der Zellenwand vorüberlaufen sehn
?
Haben
Sie schon mal ? Und uns ? Für uns, hier liegt
die Botschaft, dass ein anderer Dichter,
Hölderlin nach seiner Reise nach Bordeaux
schrieb, in Andenken :
Und die Lieb' auch heftet fleißig die Augen,Was
bleibet aber, stiften die Dichter.
Muharrem Erbey ist
eines von vielen Beispielen für die immer noch anhaltenden Repressionen gegen
Kurden. den Anderen
Er schrieb in einem Brief aus einem türkischen Gefängnis diese Worte Voltaires an
seine Mitbrüder: Jene, die ihre Freiheit
verloren haben, verloren sie, weil sie sie nicht verteidigt hatten.
Ja
!Von Mandela bis Erbey bleibt dieser Preis sich treu. Er zeigt einmal mehr, wie Gandhi sagt, dass der Mensch sich die
Freiheit im Gefängnis erkämpft, wenn es keine andere Lösung gibt.
Deshalb hat die Jury entschieden, sich an die Seite von Muharrem Erbey im Gefängnis zu stellen und
ihm diesen Preis zu verleihen.
Muharrem ERBEY
Sayın Ludovic-Trarieux
Yetkilileri
30 Kasım, 2012, Berlin
17. Ludovic Trarieux 2012 Uluslar Arası İnsan Hakları
ödülünü, Türkiyeli bir Kürt insan hakları savunucusu ve hukukçusunun
çalışmalarına layık gördüğünüzden dolayı sizlere
şükranlarımı sunuyorum. Ödül töreninde canımdan çok
sevdiğim eşim Burçin, çocuklarımız Robin ve Rober beni
temsil edecekler.
Hepinize cezaevinin nemli, rutubetli, soğuk duvarlarının,
tel örgülerinin, demir kapılarının arkasından
sımsıcak selamlarımı gönderiyorum. İlk defa bir Kürt
hukukçuya verilen bu önemli ödülü, Kürtlerin saygıdeğer tarihi
şahsiyetleri Şeyh Sait, Seyit Rıza, Kazi Muhammed, Mele Mustafa
Barzaninin ve onurlu tüm Kürtlerin önünde saygıyla eğilerek
alıyorum.
Hayatın kime, ne zaman, ne getireceği bilinmez. Hele doğu
masallarının diyarında, öfkesini her sabah bileyenler
arasında yaşıyor ve kendiniz olmak için mücadele
ediyorsanız, sürprizlere hazırlıklı olmanızda fayda
var. Burada, doğuda hayatın garip tesadüfleri, sürprizleri,
inişleri ve çıkışları vardır. Ağrı
eşiği düşük olanlar için burada hayat zor, çekilmez olur. Bu
coğrafya insana zorluklara karşı direnmeyi öğretir.
Dağların çocukları Kürtler kadar, hayatın zorluklarını
bilen, yeryüzünde kaç kavim vardır bilinmez ama bizler
hayatımızı hep bıçak sırtında geçirdik.
Son iki yüzyılda dünyamıza dönüp
baktığımızda, politik vaatlere, arayışlara ve
büyük yıkımlara, zorbalığa dayalı değişim ve
dönüşümlere, farklı kimliklerin, grupların, halkların
eşitlik ve özgürlük taleplerine, bu taleplerden dolayı yaşanan
büyük yıkımlara, kitlesel boyutta insan hakları ihlallerine
tanık olduk. Gücü, iktidarı elinde bulunduranlar kendi kültürünü,
dilini, yaşam tarzını zorla kabul ettirmeye ahengi bozmaya
çalıştı. Buna itiraz edenlere karşı başvurulan
araçlar hep aynıydı; göç, sürgün, asimilasyon, zindanlar ve ölüm.
Neredeyse başvurulmayan yöntem kalmamasına rağmen baskı
altında olan halklar itirazlarını hep yükselttiler. Türkiyede
daha birkaç gün önce sona eren ve binlerce Kürtün 68 gün boyunca
sürdürdüğü açlık grevleri yüzyıllardır Kürtlere
yapılan bu haksızlıklara itirazların devamıdır.
Binlerce Kürtün yapmış olduğu açlık grevlerinin sona
ermiş olması sevindiricidir ve umarım ki bir daha yaşanmak
zorunda olmaz.
Yüzyılın başında Türkler, Kürtler, Çerkezler, Lazlar
ve daha birçok halk da Anadoluyu özgürleştirmek için uzun bir yola
birlikte çıktılar. O yıllarda Kürtler Anadolu nüfusunun üçte
biriydi. Kurtuluş savaşında birlikte öldüler. Savaş
sonrası tüm yasal düzenlemeler sadece Türk etnik kimliğini,
kültürünü, dilini, varlığını kutsadı, öne
çıkardı. Öteki halklar, diller, kültürler yapılan düzenlemelere
göre bir anda yok sayıldılar. İşte buna yapılan
itirazdır bizleri sorun haline getiren. Herkesin Kürt sorunu dediği
mesele ortada, ortak vatanda eşit yurttaş olma itirazıdır
aslında.
On iki yıldır, insan hakları savunucusu olarak
Diyarbakırda güvenlik güçlerinin işlediği ihlallere dair
tespitler, raporlar tanzim ettim, eleştirdim, itiraz ettim diye 3
yıldır elinde gücü bulunduranların siyasi tutuklusuyum.
Keşke insana, hayatın ne kadar güzel olduğunu cezaevi
öğretmeseydi. Eşim Burçin, çocuklarım Robin ve Roberi, ailemi
çok özledim. 11 yaşındaki oğlum Robin ve 6 yalındaki
oğlum Rober baba burada ne zaman işin bitecek, eve kaç zaman sonra
geleceksin diyorlar. Onlara az kaldı diyorum ama ben de bilmiyorum bu
zulüm ne zaman bitecek.
Coğrafya kaderdir diyen İbn-i Haldun geliyor aklıma.
Benim yaşadıklarım, bu coğrafyada hak ve eşitlik talep
edenlerin kaderi. Oysa eşit olmak ve
farklılığımızla onay görmekti tek isteğimiz. Bir
yıl önce Şırnak ili Roboski köyünde 34 yurttaş
sınır ticareti yaparken bombalanarak parçalandı. Sorumlular
nerede, ne yapıldı? Koca bir hiç! Evet, coğrafya kaderdir. Biz
İHD (İnsan Hakları Derneği) olarak bu tür ölümlerin
yaşanmaması, yaşanmışsa sorumluların adaletin
önüne çıkmasını istediğimiz için hedef olduk.
Hiçbir zaman devlet karşıtı bir STK (sivil toplum
kuruluşu) olmadık. Yasaya aykırı bazı sert
uygulamaları belgeledik ve eleştirdik. Daha fazla insan hakları
istedim. İHD çalışmaları sırasında
derneğimize gelen herkesi güler yüzle karşılayıp, derdine
derman olmaya, yardım etmeye çalıştım, kimsenin kalbini
kırmadım, hiç kimseyle yüksek sesle bile konuşmadım.
Başvuranın etnik kimliğine, siyasal tercihine bakmadan,
mağdur kimliği esas alarak yardım ettim. Ben şiddeti hep
reddettim, hayatımda bir çakı bile taşımadım. Ama bana
şimdi silahlı örgüte üyesin diyorlar. Ben kimsenin mahremiyetini
ifşa etmedim, ortada yanlış uygulamalara yanlıştır
dedim. Şiddet hak arama, sorun çözme yöntemi olmamalı dedim.
Ölümleri barış perest bir yürekle kınadım.
Yaşadım kutsadım. Kızgın davrananın dostu olmaz
demişti eskiler, ondan sorunların güler yüzle,
barışçıl yöntemlerle, diyalog ile çözümünden yana oldum. Hep
insanlık onurunu korumaya çalıştım.
Birleşmiş Milletler İnsan Hakları Evrensel
beyannamesinde yazılı olan Herkes için Eşitlik, Özgürlük ve
Adaleti esas aldım. Dünyaya hep kalp gözüyle baktım. Herkes
eşit ve özgür insan olmalı mücadelesini yürüttüm. Şimdi
kefaretini ödüyorum. Bu dünyada tüm acılar ortaktır. Acı
paylaşıldıkça azalırmış.
Yaklaşık dört yıldır sekiz bin civarında Kürt
siyasetçi, belediye başkanı, milletvekili, gazeteci, insan
hakları savunucusu, avukat, akademisyen, BDP (Barış ve Demokrasi
Partisi) üyesi, çalışanı ve aktivistleri, farklı ve
eleştirel duruşuyla Kürtlerin yanında yer alan feministler,
ekolojistler,, akademisyenler haksız, hukuksuz yere tutuklu. Siyasi rehine
olduğumuzu söylüyor havadisler. Korku duyarsan düşersin der bir
Afrika atasözü. Korkmadan barışı, hep barışı
istedik. Ölümlerin son bulmasını, herkesin kardeşçe dilini,
kültürünü ortak vatanda yaşayacağı bir barışı
istedik. Sahi son yıllarda Türkiyede muhalif olan herkes neden
cezaevinde? Bunu merak eden yok mu?
Mezapotamyanın en kadim ve otokton (yerleşik) halklarından
olan, kırk milyon nüfusuyla Türkiyede, İran, Irak, Suriye ve
dünyanın yüzlerce ülkesinde zorunlu olarak dağınık
yaşayan Kürtlerin yüzü ne zaman gülecek? Son iki yüzyıldır hep
öteki olarak görülen, baskıya, zulme, sürgüne, göçe, asimilasyona,
cezaevine, darağacına, toplu kıyımlara reva görülen
Kürtler, kendi köyüne, çiçeğine, çocuğuna kendi dilinde isim vermek,
şarkı söylemek, kültürünü yaşamak ve kendini yönetmek istiyor.
Hepsi bu. Hayat ölümsüz değil. Yaptıklarımız, ortaya
çıkardıklarımız, sözlerimiz ölümüzdür. Biz yanlış
politikaları teşhir ettik diye buradayız.
Son üç yılda cezaevine giren hiç kimse tahliye olmuyor. On binlerce
Kürt bu zulmün son bulmasını bekliyor. Mevlana der ki gönlün
değişirse dünya değişir. Gönlünüzü, zihninizi
yenilemedikçe, aynı yöntemlerde ısrar ettikçe hep acı
çekeceğiz. Acımızı paylaşacak dostlar nerdesiniz?
Hayatım boyunca hep hoşgörü ve diyalogu esas aldım.
Ötekiyle empati kurmaya çalıştım. İHDye gelen kim olursa
olsun; asker, polis, korucu, PKKli ailesi arasında ayırım
yapmadım. Başvurusunu aldım ve elimi vicdanıma koyup
iş yaptım. Hiç kimse siyasi görüşlerinden, etnik
kimliğinden dolayı İHDnin kapısından geri
dönmemiştir. Hiç ama hiç kimse dönmemiştir.
Bazı güvenlik güçlerinin orantısız ve aşırı
uygulamalarını, mağdurun yaptığı başvuruyu
esas alarak yer, zaman, belirterek eleştirdik. Mağduru
savcılığa yönlendirdik. Hükümeti de bu konuda duyarlı
olmaya çağırdık. Demokratik açılım sürecini destekledik
ama sonra yetersiz olduğunu görünce bunu dillendirdik. Bizler siyasi taraf
değiliz. Bizler mağdur olanın tarafındayız.
Kaçırılan asker ailesi İHDye başvurmuşsa, mağdur
olan asker ailesinin tarafında yer alarak girişimlerde bulunduk. Ölen
PKKlinin cenazesi ailesine verilmemişse ve ailesi bize
başvurmuşsa mağdur olan ailenin tarafında yer aldık.
Cenazenin ailesine verilmesi için savcılığa başvurduk. Biz,
bize yansıyan iddiaları savcıya taşıyarak adaletin
tecelli etmesine yardımcı olmaya çalıştık.
Davet edildiğim İngiltere, İsveç, Belçika
parlamentolarında Birleşmiş Milletlerin Cenevredeki
binasında İnsan hakları, demokrasi ve Kürt sorununun
barışçıl çözümüne dair yaptığım konuşmalar
devletin askeri ve polisini karalama olarak değerlendiriliyor. Bizler
aynayız. Var olanı raporlarla herkese gösteriyoruz. Hiçbir şeyi
uydurmuyoruz. Belgeye, rapora dayanarak konuşuyoruz.
Çocukluğumuz, rüyalarımızın
başlangıcıdır. Nerede hatırlanan güzel bir şey
varsa ya rüyada ya çocukluk anılarında saklıdır. Ben
herkesin eşit olduğu çocukluğuma ait dünyayı, dünyaya yaymak
istedim. Herkesin güldüğü o dünya hayali değil mi bizleri ayakta
tutan! Bir zamanlar cami, havra, kilise kapılarının yan yana
olduğu, ezan sesiyle, çan seslerinin birbirine
karıştığı, ibadetin sevgi ve saygı ortamında
yapıldığı, çarşısında Kürtçe, Türkçe,
Arapçanın konuşulduğu yerdi Diyarbakır. Ben herkesin kendi
diliyle konuştuğu, herkesin dinini serbestçe
yaşadığı bir yer hayalini gerçekleştirmek istedim.
Kürtlerin yaşadığı yerlerde iki yüzyıldır
barut kokusu bitkilere, ağaçlara siniyor. Ölüm kokusunun dağlardan
vadiler, vadilerden o köylere, evlere, odalara, yataklarımıza,
genzimize gelip yapışmasından bıktık. İki
yüzyıldır Kürt Halkına reva görülen eziyet bitsin artık.
Bizi yüz yıllardır zorla ve basıyla Türkleştirmekten,
Araplaştırmaktan, Acemleştirmekten kendi kültürlerini, dillerini
dayatmaktan vazgeçsinler istiyoruz. Biz Kürt olarak bu coğrafyada
doğduk. Kür olarak yaşamak ve Kürt olarak bu coğrafyada ölmek
istiyoruz.
Yaşamak bilmektir der Spinoza. Bazen bazı felaketler bizi
birbirimize daha da yakınlaştırır, kenetler. İki
yüzyıldır yaşadığımız felaketler yetmedi mi?
Artık yine eskisi gibi bir arada yaşamak istiyoruz. Tarihe dönüp
bakın Kürtler ve Türkler birlikte olduğu dönem kazanmış.
Karşı karşıya geldikleri her dönemde birlikte
kaybetmişlerdir. Artık kavga etmenin hepimize zarar verdiğini
çok iyi biliyoruz.
Zamanın ruhunu iyi okuyamayanlar başarılı ve mutlu
olamazlar. Yüreklerin, sınırların, bilginin, sermayenin
birleştiği bir çağdayız. Her dilin, kültürün ve dinin
farklılığıyla onay görmesi gerekiyor. Hiçbir dil başka
bir dilden üstün veya aşağı değildir. Farklı ama
eşittirler.
Mutsuzluk, bütün bireysel ve toplumsal değişim ve
dönüşümün temelidir. Biz Kürtler mutsuzuz. Herkes gibi mutlu olmak için
değişim istiyoruz. Burada cezaevinde insanları,
doğayı, hayatı tapınacak kadar seven,
başkalarının özgürlüğü için hayatını feda eden
insanların hikayelerine çarpıp duruyorum. Bu kadar büyük yüreklere
sahip insanlar değil mi ki dünyayı değiştirip
dönüştüren.
Hayatı derinliğine anlamaya, kavramaya çalışmak,
özgürlüktür. Gerçeklerin saklı kalmaması,
haksızlıkların son bulması, herkesin eşit ve özgür
olması için çalıştım. Bundan dolayı üç
yıldır özgülüğümü elimden alanlar kadar susanlar da buna ortak
değil mi?!
Doğu masallarının, mesellerin, kitabelerin, tabletlerini
dili ve son sözüyle; BİZ ÖZGÜR DEĞİLSEK SİZ, SİZ
ÖZGÜR DEĞİLSENİZ BİZ ÖZGÜR DEĞİLİZ
Özgür günlerde görüşebilmek ümüdüyle,
Saygı ve sevgiler.
Muharrem Erbey
Avukat, İnsan Hakları Savunucusu, Pen Dünya Yazarlar
Birliği Üyesi
Yüksek Güvenlikli D Tipi Cezaevi Diyarbakır Türkiye
The "Free Muharrem Erbey !"
Campaign.
Muharrem Erbey,
Rechtsanwalt, Vizepräsident des Menschenrechtsvereins IHD und Präsident der
IHD-Niederlassung Amed.
Am 24. Dezember
2009 gegen 5 Uhr wurden auf Veranlassung der Republikanischen
Oberstaatsanwaltschaft in Diyarbakır, einer kurdischen Stadt im Südosten
des Landes, in 11 Provinzen Operationen gegen die Partei für Frieden und
Demokratie (Barış ve Demokrasi Partisi = BDP) und die
Zweigstelle Diyarbakır des Menschenrechtsvereins IHD durchgeführt. Unter
den mehr als 80 Festgenommenen ist auch der Anwalt Muharrem Erbey.
Während die Büros der Zweigstelle durchsucht wurden, durften die Beschäftigten
die Räume nicht verlassen. Alle Dokumente und Computer des Vereins wurden
beschlagnahmt. In diesen Dokumenten steckt die Arbeit von 21 Jahren, die bei
der Aufklärung von Morden unerkannter Täter, Fällen von
"Verschwindenlassen" und Folter eine wichtige Rolle gespielt haben.
Nach der
Verhaftung von Muharrem Erbey durchsuchte die Polizei die IHD-Niederlassung in
Amed, um mehr Beweise zu finden. Neben der unrechtmäßigen
Verhaftung war auch die Durchsuchung und Beschlagnahmung in diesem Büro, das in
keinem Zusammenhang mit den Anschuldigungen steht, ein Justizskandal.
Die Niederlassung des IHD in Amed war nicht einmal während der Jahre des
Ausnahmezustands durchsucht worden. Muharrem Erbeys Arbeit ist
die eines Verteidigers der Menschenrechte.
Seit Dezember 2009, Muharrem Erbey sitzt als politischer Gefangener im
Gefängnis in der Türkei.
Der IHD ist seit
1986 aktiv und hat einen wesentlichen Beitrag für Respekt gegenüber
Menschenrechten gespielt. Er ist einer der Gründer der Menschenrechtsstiftung
TIHV. Die Bedeutung und Funktion von Menschenrechtlern ist in internationalen
Dokumenten wie der Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger der UN
aus dem Jahre 1998 dargelegt worden. Die Erklärung ist auch der Versuch, die
Behinderung ihrer Arbeit anzuprangern und einen besonderen Schutz für
Menschenrechtsaktivisten zu erreichen.
Mehr
:
Der Brief von Muharrem Erbey wurde uns über Jake Hess zugeleitet, der die
ursprüngliche türkische Version ins Englische übersetzt hat. Jake Hess
studierte in New Hampshire (USA) Politikwissenschaften, bevor er 2008 nach
Diyarbakir (Südosttürkei) ging.
Die Demokratische Öffnung und die Illusion einer fortschrittlichen
Demokratie in der Türkei
- Von Muharrem Erbey,
Vorsitzender der Niederlassung des Menschenrechtsvereins İnsan
Hakları Derneği (İHD) in Diyarbakır, verfasst im Gefängnis
von Diyarbakır -
Voltaire sagte, diejenigen, die ihre
Freiheit verloren haben, haben sie verloren, weil sie sie nicht verteidigten.
Die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von 1776, die französische
Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 und die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte der UN von 1948 betonen alle das Recht des Widerstandes
gegen Unterdrückung als ein Grundrecht und eine persönliche Verpflichtung.
Rechte und Freiheit können in jeder Gesellschaft eingeschränkt werden; Die
Frage lautet, in welchem Umfang dies geschieht, und unter keinen Umständen
dürfen diese Einschränkungen den Rahmen der Gerechtigkeit tangieren. Die
Verteidigerinnen und Verteidiger der Menschenrechte und jene, die aus
Gewissensgründen handeln, versuchen, ihrer persönlichen Pflicht nachzukommen,
wenn die Repression zum Machterhalt ausgeweitet und die Gerechtigkeit
destabilisiert wird.
In wirklich demokratischen Gesellschaften und auch in jenen, in denen die
Ausübung demokratischer Rechte nur eine Fassade ist, aufrechterhalten durch
eine Illusion, haben wir Menschenrechtsverteidigerinnen und verteidiger es uns
zum festen Prinzip gemacht, die Würde und Ehre der Menschen zu verteidigen -
ungeachtet ihrer Abstammung, ihrer Sprache, ihrer ethnischen Identität,
Religion, Klassenzugehörigkeit oder ihres Geschlechts.
Seit seiner Gründung im Jahre 1986 setzt sich der Menschenrechtsverein
(İHD) in der Türkei vehement ein, um den Menschen bei ihrem Streben nach
Freiheit und Gerechtigkeit zu helfen.
23 unserer Mitglieder wurden aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit und ohne
rechtliche Grundlage exekutiert, hunderte Mitglieder, Organisatorinnen und
Organisatoren wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, und die
Organisation wurde mit tausenden Anklagen und Gerichtsverfahren überzogen.
Der Menschenrechtsverein İHD dokumentiert die zügellosen
Gesetzesübertretungen, die in unserer Region begonnen werden mit
Faktensammlungen, Berichten und Beobachtungen, und wir unterstützen die Opfer
dieser Gewalt gleichermaßen in den Gerichtsprozessen, wie auch in ihrem
weiteren Streiten um Gerechtigkeit.
Wir teilen unsere Unterlagen mit der lokalen, der nationalen und der
internationalen Gemeinschaft.
Wir kritisieren.
Jenen, die behaupten, die Menschenrechtsverletzungen seien eingestellt, sagen
wir: Nein, sie gehen weiter. Wir waren und sind dadurch Ziel von Anfeindungen.
Der Vorsitzender der Niederlassung des Menschenrechtsvereins İnsan
Hakları Derneği (İHD) in Diyarbakır, der größten Stadt in
der kurdischen Region der Türkei, wurde zuletzt 1995 verhaftet, in einer der
schwersten Zeiten des Konflikts hier. Kein anderer Niederlassungsvorsitzender
wurde in den letzten 15 Jahren verhaftet, obwohl sie mit mehr als 300
Gerichtsverfahren und Ermittlungen konfrontiert wurden.
Ich wurde plötzlich und unerwartet im Rahmen einer einzelnen Ermittlung gegen
mich im Dezember 2009 verhaftet. Gegen mich laufen gegenwärtig keine weiteren
Verfahren oder Ermittlungen.
Menschenrechte sind in aller Munde, fast wie Kaugummi, doch uns bringt man zum
Schweigen.
Als der Stellvertreter des Ministerpräsidenten Bülent Arınç und
Innenminister Beşir Atalay nach Diyarbakır kamen, um sich mit uns zu
treffen, haben wir ihnen mitgeteilt, dass wir die sogenannte Demokratische
Öffnung, die die Regierung seit Ende 2008 proklamiert, von Herzen begrüßen und
unterstützen würden. Wir brachten zum Ausdruck, dass wir helfen wollen würden,
um die Initiative in Gang zu bringen, und dass es dringend konkreter Schritte
bedarf, um der Gewalt Einhalt zu gebieten und dem Sterben ein Ende zu bereiten.
Was die kurdische Frage angeht, haben wir hervorgehoben, dass eine Lösung die
Legalisierung der Nutzung der kurdischen Sprache in der Öffentlichkeit, die
Übertragung der Verwaltungsbefugnisse an lokale Stellen, die Erschaffung einer
bürgerlichen, egalitären, pluralistischen Verfassung und den Zugang von
PKK-Mitgliedern in die zivilgesellschaftliche Politik ermöglicht durch eine
bedingungsfreie Amnestie - umfassen müsse.
Unsere Arbeit bereitete Unbehagen.
Die kurdische Frage, die das älteste Problem der Türkei darstellt und zahllose
Leben fordert, kann gelöst werden durch die Partizipation und den gemeinsamen,
breitangelegten Einsatz zahlreicher Institutionen, Organisationen und weiterer
Akteure. Die meisten Menschenrechtsverletzungen, die in der Türkei geschehen,
stehen in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der kurdischen Frage.
Es hat mehr als 29 erfolgreiche, große kurdische Aufstände in den letzten 205
Jahren gegeben, der erste in Mosul im Jahre 1806. Den 40 Millionen Kurden in
der Türkei, im Iran und Irak und in Syrien werden einfachste Grund- und
Freiheitsrechte vorenthalten, sie werden wahrgenommen als Menschen zweiter
Klasse, sie sind Mißhandlungen und Folter ausgesetzt, die freie Ausübung ihrer
Sprache und ihrer Kultur werden unterbunden. Sie haben keine gesellschaftliche
Stellung und können sich nicht in ausreichendem Maß in Behörden und Verwaltung
einbringen.
Es ist bezeichnend, dass, obschon die Kurden in der Geschichtsschreibung seit
Jahrtausenden bekannt sind, weder die in den kurdischen Gebieten dominanten
Machthaber, noch die internationalen Kräfte die Kurden anerkennen. Stattdessen
wird die negative Haltung, die den Kurden gegenüber besteht, willentlich
ignoriert.
Ich bin seit dem 24. Dezember 2009 in Haft, seit ungefähr 18 Monaten, weil mir
vorgeworfen wird, ich habe den Staat im Ansehen geschmälert, in Reden über
die Menschenrechte und die kurdische Frage, die ich an den UN-Sitz in Genf und
an das englische, das belgische und das schwedische Parlament gerichtet habe;
Beratung von Opfern hinsichtlich ihrer Anträge an den Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte; Vorbereitung von Projekten für Frauen-, Kinder- und
Menschenrechte; Mitarbeit an der Vorbereitung einer bürgerlichen,
pluralistischen Verfassung; Regelmäßige Teilnahme an Pressekonferenzen
verschiedener NGOs, und das auch noch mit Erfolg; Moralische Unterstützung
der PKK; Eingebungen an die Staatsanwaltschaft und die Menschenrechtskommission
des Türkischen Parlaments im Namen oder im Interesse der Opfer (tatsächlich
haben die Staatsanwälte diese Schreiben später so dargestellt, als beförderten
sie die Ziele der PKK); und dass ich Mitglied der Türkischen Versammlung der
Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK/TM) sei, einer Organisation, die als
Fortsetzung der PKK bezeichnet wird.
Als ich vor den für meinen Fall zuständigen Staatsanwalt und den Richter
geführt wurde, habe ich alle diese Aktivitäten zugegeben (- mit Ausnahme des
Vorwurfs, ich sei Mitglied der KCK), ich sagte, ich stünde dazu und bereue sie
nicht, und ich habe angekündigt, sie in vollem Umfang wieder aufzunehmen,
sobald ich das Gefängnis verlassen habe.
Im Mai 2010 wurde eine 7500 Seiten umfassende Anklageschrift veröffentlicht.
Die Aktenlage, die sich auf 152 Verdächtige erstreckt, von denen 104 in
Gefängnissen gesperrt auf den Ausgang des Verfahrens warten, umfasst 132.000
Seiten, wenn die ergänzenden Beweise eingerechnet werden; Unter den
strafrechtlich Verfolgten befinden sich 15 gewählte Bürgermeister, zwei
Vorsitzende Allgemeiner Provinzialräte und zahlreiche Politikerinnen und
Politiker. Wir befinden uns jeweils seit 18, 20 oder 24 Monaten in Haft. Die
Vorwürfe gegen mich basieren teilweise auf geheimen Zeugen, Falschaussagen
und konstruierte Darstellungen werden verkündet. Am ersten Prozesstag haben wir
erklärt, unsere Erklärungen sowohl in unserer Muttersprache, in Kurdisch, als
auch in Türkisch halten zu wollen. Der vorsitzende Richter hat unsere
Mikrophone abgeschaltet und Kurdisch als Unbekannte Sprache charakterisiert,
und das Verfahren wurde zum Stillstand gebracht und wird hinausgezögert.
Seit die Türkische Republik im Jahr 1923 gegründet wurde, gibt es Bemühungen,
alle ethnischen Identitäten zu homogenisieren - durch Mittel, wie Repression,
Zwangsumsiedlungen, Assimilation, Verhaftungen und widerrechtliche Morde,
durchgeführt durch unbekannte Täterinnen oder Täter.
Das türkische System hat sich stets Neuerungen und Veränderungen verschlossen,
indem es eine konservative Grundhaltung gegen verschiedene Identitäten und
Forderungen nach Freiheit eingenommen hat. Im Jahr 2002 saßen 52.000
Verurteilte und Verdächtigte in türkischen Gefängnissen ein, im April 2011 gibt
es 123.000 Gefängnisinsassen, die meisten von ihnen sind verurteilt.
Weist die Inhaftierung oppositioneller Politikerinnen und Politiker, kritischer
Journalistinnen und Journalisten und von Menschenrechtsschützerinnen und
schützern darauf hin, dass das türkische Regime totalitär geworden ist? Alle
Entwicklungen werden realisiert im Namen einer fortschrittlichen Demokratie.
Die Akzeptanz der Verschiedenheit ist die Essenz authentischer Gleichheit.
Versuche, die Gleichheit zu unterdrücken, kennzeichnen Ungleichheitsmuster.
Ein wenig mehr Toleranz, Kooperation, Empathie.
Lasst uns nicht vergessen, dass jede und jeder das Recht hat, Einfluss zu
nehmen auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und dass dies zu tun moralische
Pflicht ist.
Die Menschen müssen verstehen, eine Wertschätzung gegenüber dem Leid und dem
Schmerz zu entwickeln, die sie für die Freiheit erleiden. Sie müssen Kraft
schöpfen aus den Schwierigkeiten.
Jenen trotzend, deren Herzen versteinert sind, die ihren Haß schüren, die
unerträgliche emotionale Lasten auf ihren Herzen tragen, ziehen wir doch Kraft
und Zuversicht aus dem Wissen um die Freiheit.
Alles für die Gleichheit, die Freiheit und die Gerechtigkeit
Seit 1984
Die Hommage von Anwälten zu einem Anwalt
Der Internationale Menschenrechtspreis Ludovic-Trarieux wird einem
Rechtsanwalt ohne Ansehen seiner Nationalität oder Kammerzugehörigkeit
verliehen, der sich durch seine Arbeit, seine Aktivitäten oder sein Leiden um
die Achtung der Menschenrechte, um die Gewährung rechtlichen Gehörs, um die
Rechtsherrschaft, um den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz in all ihren
Formen verdient gemacht hat.
Dieser Preis ist die älteste und renommierteste Auszeichnung für einen
Rechtsanwalt. Oftmals imitiert oder nachgemacht, bleibt er die einzige
europäische Anerkennung im Bereich Menschenrechte, dessen Dotierung einem
Anwalt zugutekommt. Die Idee zu diesem Preis geht auf einen Ausspruch Ludovic
Trarieux (1840-1904) zurück, der 1898 zur Zeit der Dreyfus-Affäre in Frankreich
die Liga für Mesnchen- und Bürgerrechte gegründet hat.
Der Preis wurde zum ersten Mal am 27. März 1985 Nelson Mandela
zugesprochen, der 23 Jahre in den Gefängnissen Südafrikas verbracht hat. Er
wurde am 27. April 1985 offiziell seiner Tochter übergeben.
Dies war die erste Preisverleihung überhaupt. Seit 2003 ist er eine
jährlich wiederkehrende Ehrung eines Rechtsanwalts durch andere Rechtsanwälte.
Der Preisträger wird gemeinsam vom Menschenrechtsinstitut der
Rechtsanwaltskammer Bordeaux, dem Institut zur Fortbildung in
Menschenrechtsfragen der Rechtsanwaltskammer Paris, dem Menschenrechtsinstitut
der Rechtsanwaltskammer Brüssel, der Unione forense per la tutela dei diritti
dell'uomo (Rome), der
Rechtsanwaltskammer Berlin, der Rechtsanwaltskammer Luxemburg, der Union
Internationale des Avocats (UIA) und dem Menschenrechtsinstiut der europäischen
Rechtsanwälte (IDHAE). vergeben. Die Verleihung findet abwechselnd in einer der
Städte statt, in der diese Einrichtungen ihren Sitz haben.
[i] Die Frau von Muharrem Erbey soll den Preis entgegennehmen.
[ii] Präsidentin des Berliner Kammergerichts.
[iii] Präsident des Instituts für Menschenrechte der europäischen Rechtsanwälte IDHAE.
[iv] Präsident Berliner RAK (Achtung: in
der Einladung steht noch seine Vorgängerin Schmid).
[v] René Samuel Cassin (1887-1976), franz. Jurist,
Diplomat und Erzieher; Friedensnobelpreis 1968.
[vi] Zahlen und Fakten des Amnesty
Reports 2012.
[vii] Stand: 27. Nov. 2012.
[viii] BDP = Barış ve Demokrasi
Partisi; die Partei ist gegenwärtig mit 36 Abgeordneten im Parlament vertreten
(davon 6 in Haft); sie ist assoziiertes Mitglied der Sozialdemokratischen
Partei Europas.
[ix] So der VS-NdfD-Vermerk des AA vom
Nov. 2012.
[x]
[xi] Sarmaşık Association to
Fight Against Poverty [Sarmaşık = Efeu].
[xii] İnsan Hakları Derneği (IHD), gegründet 1986.
[xiii] BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober
2011, 2 BvR 236/08, 2 BvR 237/08, 2 BvR 422/08.